/ Jana Winkler
Hilberts zehntem Problem so nah wie nie zuvor
David Hilbert stellte einst die Frage, ob es möglich ist einen Algorithmus zu entwickeln, mit dem sich herausfinden lässt, ob Polynomgleichungen in mehreren Variablen mit ganzzahligen Koeffizienten auch ganzzahlige Lösungen haben. Diese Frage wurde bekannt als Hilberts zehntes Problem. Obwohl es im Allgemeinen als unlösbar gilt, ist ein Team aus Mathematikern einer Lösung so nah wie nur möglich gekommen.
Professor Pierre Le Boudec von der Universität Basel, Professor Tim Browning vom Institute of Science and Technology Austria und Professor Will Sawin von der Columbia University haben ein neues Theorem vorgestellt, das den Schlüssel zur Lösung von Hilberts zehntem Problem für fast alle Polynome liefert, bei denen die Anzahl der Variablen größer ist als ihr Grad. Als sie ihre Ergebnisse im Jahr 2019 erstmals in Paris präsentierten, war «an der Reaktion des Publikums sofort erkennbar, dass wir etwas wirklich Bedeutendes beigetragen hatten», erinnert sich Prof. Le Boudec. Die Forschungsergebnisse stellen einen bahnbrechenden Fortschritt in der Zahlentheorie dar. Sie wurden nun in der renommierten Zeitschrift Annals of Mathematics veröffentlicht.
Während ihrer Arbeit an dem Projekt waren die Mathematiker um Pierre Le Boudec nicht darauf bedacht, ganzzahlige Lösungen für alle Polynome zu finden. Sie entschieden sich, das Problem aus einer statistischen Perspektive zu betrachten: Vorausgesetzt, eine gegebene Polynomgleichung hat die sogenannten lokalen Lösungen in allen Absolutbeträgen des Körpers der rationalen Zahlen, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden, dass sie ebenfalls eine ganzzahlige Lösung hat. Diese Absolutbeträge wurden von Alexander Ostrowski, einem Mathematiker, der in Basel tätig war, klassifiziert. Es ist bekannt, dass die Überprüfung der Existenz dieser lokalen Lösungen algorithmisch durchgeführt werden kann. Prof. Le Boudec und seine Co-Autoren konnten eine Vermutung von Poonen und Voloch beweisen, die fast 20 Jahre lang offen war, mit Ausnahme von kubischen Flächen.
Der von Hilbert ersehnte Algorithmus existiert also zumindest statistisch gesehen in den meisten Fällen. Damit sind die Forscher Hilberts Vision möglicherweise so nah wie nur möglich gekommen.
Die Ergebnisse von Pierre Le Boudec, Tim Browning und Will Sawin haben massgeblich zum Fortschritt der Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Zahlentheorie beigetragen und das strukturelle Verständnis von Polynomgleichung erweitert.